Ein früher Start ins Leben
Die Frühlingssonne blinzelt vorwitzig durch die große Fensterfront. Der verschmuste, kleine Bulldoggenmischling Abby richtet sich auf, seufzt und gähnt genüsslich ins Licht. In dem weißen Laufstall vor seiner Nase schimpft Emma. Ihr ist das Spielzeug aus der Hand gefallen und liegt nun außerhalb ihrer Reichweite. Ihre Schwester Hanna döst derweil friedlich weiter. Auch Abby legt sich wieder hin. Kein Handlungsbedarf. Schließlich ist die Chefin des Hauses nicht weit. Anna B. (24) ist die Mutter der Zwillinge und somit zuständig.
Acht Monate sind Emma und Hanna inzwischen alt und propere Mädels, die – wenn sie wach sind – neugierig in die Welt blicken. Doch das war nicht immer so. Am Anfang ihres Lebens steht ein Frühstart. In der 29. Schwangerschaftswoche müssen sie per Kaiserschnitt entbunden werden. Sie sind klein, zart, zerbrechlich. „Hanna war 39 Zentimeter groß und wog 1390 Gramm, bei Emma waren es 42 Zentimeter und 1540 Gramm“ erzählt die junge Mutter. „Jetzt haben beide acht Kilo – das ist sehr gut“. Bis zur 24. Woche war die Schwangerschaft normal verlaufen. Doch dann kommen Frühwehen. Anna muss liegen, um die beiden Kinder noch so lange wie möglich im schützenden Bauch zu halten. Dann hilft auch das nicht mehr. Am 2. September 2015 werden die beiden Mädchen im REGIOMED-Klinikum Coburg entbunden. Lebensgefährte René W. ist dabei, als die Ärzte Hanna und Emma auf die Welt holen.
„Für uns war es besonders schmerzhaft, dass wir unsere Babys nach der Geburt nicht sofort berühren, nicht halten konnten“, erinnert sich Anna. B. Denn da der Körper und die Organe zu früh geborener Kinder noch nicht auf das Leben außerhalb der Gebärmutter vorbereitet sind, benötigen Frühchen nach der Geburt schnell medizinische Versorgung. Ärzte und Pfleger unterstützen zunächst die Körperfunktionen der Frühchen, die die kleinen Körper zu dieser Zeit noch nicht selbstständig übernehmen können. So können sich beispielsweise Atmung und Kreislauf Im Brustkasten in Ruhe entwickeln. Anna und René trösten sich damit, dass es ihren Babys den Umständen entsprechend gut geht und verschieben das Kennenlernen auf später.
Dankbar ist die Mutter vor allem für den emotionalen Beistand der Krankenschwestern. Deren verständnisvolles Bemühen hilft ihr, mit den traumatisierenden Ereignissen umzugehen. Besonders leidet sie unter dem fehlenden Körperkontakt zu ihren Kindern: Die beiden Frühchen sind nach ihrer Geburt noch sehr sensibel, sogar die Berührung der Eltern könnte sie überreizen. Auch für die Verwandten ist die Situation schwierig, die Großeltern würden lieber mit ihren Enkeln kuscheln, als sie immer nur durch eine Glasscheibe getrennt zu betrachten.
Bald darf Anna dann ihre Hand in den Brutkasten legen, direkt neben ihre Kinder. Dies ist der erste Kontakt der jungen Mutter zu den Schwestern. Hanna und Emma machen Fortschritte, holen auf, werden kräftiger. Anna kommt täglich in die Klinik, um nach ihren Kindern zu sehen und endlich mit ihnen zu kuscheln – genauso wie Vater René, der seine Töchter nach der Arbeit im Krankenhaus besucht. Nun kann nachgeholt werden, was direkt nach der Geburt so sehr gefehlt hat. Sogar das Stillen klappt: „Stillen nach Kräften zu unterstützen, hat man sich im Klinikum Coburg ja auf die Fahne geschrieben“, sagt Anna „Das ist toll“. Zuvor hatte sie ihre Muttermilch abgepumpt, die dann auf Bakterien hin untersucht wurde, bevor die Frühchen damit gefüttert werden konnten. Nun ist auch der „direkte Weg“ möglich.
Sechs lange Wochen geht das so. Wochen in denen die junge Mutter lernt, pragmatisch mit ihrer Lage umzugehen. Eine Zeit in der auch das Harl.e.kin-Nachsorge-Team des Klinikums Coburg mit ihr Kontakt aufnimmt. Die Schwestern Silke B. und Ulrike G. kennen sich besonders mit Frühchen, ihren Bedürfnissen und auch den Sorgen und Ängsten der Eltern aus – sie werden Annas und Renés Ansprechpartnerinnen und stehen dem Paar mit Rat und Tat zur Seite. René denkt mit Dankbarkeit daran zurück. „In so einer Situation braucht man jede Unterstützung die man nur kriegen kann.“
Mittlerweile ist das nicht mehr nötig. Emma und Hanna geht es gut, sie haben die Frühgeburt überstanden. Nur ihre Augen müssen noch beobachtet und untersucht werden, um sicherzugehen, dass die Netzhäute der beiden Mädchen sich gut entwickeln. Das Paar ist glücklich, dass sie und ihre Kinder die Frühgeburt gemeistert haben. Anna und René sind entschlossen, auch anderen Eltern mit ihrem Beispiel Mut zu machen. Denn Frühgeburten sind kein Nischenthema, viele Familien sind betroffen. Die moderne Medizin ermöglicht es frühgeborenen Kindern, ihren Entwicklungsrückstand aufzuholen. „Man kann das schaffen“, sagt.
zurück
zur Startseite "Geburt bei REGIOMED"