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Demenzerkrankungen 

Ist es nur das Gedächtnis?

Vergesslich sein ist eine typisch menschliche Eigenschaft. Der Haustürschlüssel, der Regenschirm, der Hochzeitstag – jeder hat das schon erlebt. Auffällig wird es, wenn das Ganze wunderliche Züge annimmt, sich zum Beispiel der Hausschlüssel nach Wochen plötzlich im Gefrierschrank wiederfindet. Auch der Verlust praktischer Fähigkeiten muss zu denken geben.
Gerade ältere Menschen werden von ihren Pflichten gerne nach und nach entbunden: Einkäufe, Behördenpost, Bankgeschäfte,… Es gibt Vieles, was man seinen Angehörigen nicht mehr zumuten möchte – oder einfach nicht mehr zutraut. Die Übernahme von angestammten Pflichten wird als normale Gefälligkeit angesehen.
Dieser Umstand ersetzt aber oft Fertigkeiten oder Fähigkeiten, die dann unbemerkt verloren gehen. Dass der Betroffene die Aufgaben nicht mehr erbringen kann, bleibt damit häufig unbemerkt. Außenstehende Personen oder entfernte Verwandte, die demenzkranke Menschen nur gelegentlich erleben, bemerken die Defizite daher meist schneller.

Demenz ist nicht gleich Alzheimer
Die Alzheimer-Demenz, benannt nach ihrem Entdecker Alois Alzheimer, ist eine spezielle Form der Erkrankung, die seltener und bereits bei mittelalten Erwachsenen auftreten kann. Bei dem, was wir umgangssprachlich „Alzheimer“ nennen, handelt es sich um die senile Demenz vom Alzheimer-Typ (SDAD), die im höheren Lebensalter auftritt. Ebenso bekannt ist die durch Gefäßverengungen bedingte (vaskuläre) Demenz, wie zum Beispiel nach Schlaganfällen, und am häufigsten ist wahrscheinlich eine Mischform aus beiden.
Wie stellen wir die Diagnose?
Eine Demenzerkrankung muss zwingend von einem Delir (früher „Durchgangssyndrom“) abgegrenzt werden. Die Störung muss länger als sechs Monate vorliegen, denn das Delir kann sich im Grunde vollständig zurückbilden. Die Befragung der Bezugspersonen ist daher einer der wichtigsten Bausteine in der Diagnosefindung.

Bildgebende Verfahren wie Computertomografie oder Kernspinuntersuchung des Gehirns sind ebenfalls unbedingt notwendig, um seltene Ursachen für die Symptome auszuschließen. Hierunter fallen beispielsweise Gehirntumoren oder der sogenannte Normaldruckhydrocephalus, welche beide gut behandelbar sind. In manchen dieser Fälle ist die Demenzerkrankung sogar vollständig heilbar.
Der dritte Baustein der Diagnosefindung besteht in verschiedenen Testverfahren. Diese werden heute standardisiert und von erfahrenen Testpsychologen oder anderen qualifizierten Fachkräften durchgeführt, was die Ergebnisse vergleichbar macht.

Am bekanntesten ist der Mini-Mental-Status-Test mit dreißig Aufgaben, welche Orientierung, Merkfähigkeit, Rechnen oder Buchstabieren sowie praktische Fähigkeiten wie Schreiben oder Zeichnen hinterfragen. Auch der Uhrenzeichentest (Clock-Test nach Shulman) wird häufig durchgeführt. Daneben gibt es zahlreiche weitere Testverfahren, die die Abklärung der Erkrankung ergänzen können.
Die Befragung von Patienten und Bezugspersonen, Testverfahren und apparative Untersuchungen führen gemeinsam zu einer genauen Diagnose und erst, wenn diese Bausteine zusammengefügt werden, kann eine Demenzerkrankung individuell behandelt werden.

Wie behandeln wir eine Demenzerkrankung?
Nach der Diagnosestellung ist eine frühzeitige Therapie sehr wichtig. Das Ziel der verschiedenen therapeutischen Maßnahmen ist es, die Symptome und die Alltagsfähigkeiten zu verbessern oder zumindest zeitweise zu stabilisieren. Welche Therapieformen im Einzelfall geeignet sind, hängt unter anderem von der Ursache und vom Stadium der Erkrankung ab. Die meisten Formen der Demenz sind nicht heilbar. Durch eine geeignete und frühzeitige Behandlung lassen sich die Symptome jedoch oft hinauszögern und lindern, so dass Menschen mit Demenz länger selbstständig leben können.

Nicht-medikamentöse Therapie

Wichtig bei den nicht-medikamentösen Therapieformen ist, dass die individuellen Bedürfnisse des Patienten berücksichtigt werden. Viele Therapieansätze eignen sich eher für die Anfangsstadien, da ein Gefühl der Frustration bei Überforderung bei den Betroffenen unbedingt vermieden werden muss.

Je nach Stadium reichen die verschiedenen Therapieformen von Gedächtnistraining und Verhaltenstherapie über Ergotherapie bis hin zur Erinnerungstherapie und Biografie-Arbeit. Spezielle Therapieformen wie das Ausdrücken von Gefühlen durch gemeinsames Singen, Musizieren, Tanzen und Malen oder das sogenannte „Snoezelen“, bei dem den Betroffenen in einem warmen, gemütlichen Raum angenehme Klänge, Düfte oder Lichteffekte dargeboten werden, helfen bei der Entspannung und rufen positive Gefühle hervor.

Medikamentöse Therapie

Medikamentöse Therapie bei Alzheimer-Demenz, vaskulärer Demenz und Mischformen

Bei der medikamentösen Therapie der Alzheimer-Demenz spielen zwei Substanzgruppen eine Rolle: die Acetylcholinesterase-Hemmer (Rivastigmin, Galantamin und Donepezil, zugelassen für die leichte und mittelschwere Demenz) und ein Glutamat-Antagonist (Memantin, zugelassen für die mittelschwere und schwere Demenz). Diese Medikamente wirken positiv auf die Fähigkeit zur Verrichtung von Alltagsaktivitäten, auf die Besserung kognitiver Funktionen und auf den ärztlichen Gesamteindruck. Außerdem gibt es Hinweise für die Wirksamkeit von Ginkgo Biloba auf die Kognition bei Patienten mit leichter bis mittelgradiger Demenz.
Ursachen der vaskulären Demenz sind Durchblutungsstörungen im Gehirn, z.B. viele kleine, oft unbemerkte, Schlaganfälle. Deshalb ist in diesem Fall ein erster Schritt in der Therapie, gefäßschädigende Risikofaktoren wie hohen Blutdruck oder schlechte Blutzucker- und Blutfettwerte in den Griff zu bekommen. Die bekannten Alzheimer-Medikamente sind zur Behandlung von vaskulären Demenzen nicht zugelassen. Im Einzelfall kann der Arzt allerdings ihren Einsatz erwägen. Ähnliches gilt für die Mischformen der Demenz.
Wichtig ist auch, die verschiedenen Begleitsymptome wie Unruhe, Aggressivität oder Halluzinationen zu behandeln, z.B. durch die Gabe von Neuroleptika. Diese wirken antipsychotisch und teilweise stark beruhigend. Bei depressiven Verstimmungen oder Antriebsminderung kann durch Antidepressiva eine Besserung erzielt werden.

Hilfestellungen für Angehörige

Eine frühzeitige Aufklärung über den möglichen Krankheitsverlauf ist für die Angehörigen sehr wichtig, um auf den geistigen und körperlichen Verfall in Verbindung mit den Wesensveränderungen der Betroffenen vorbereitet zu sein. In diesem Zusammenhang sind ein breites Wissen über die Erkrankung, spezielle Bewältigungsstrategien und Möglichkeiten zur Entlastung wichtig. Selbsthilfegruppen und verschiedene Internetportale bieten sich als Ergänzung zum persönlichen Gespräch an.

Prophylaxe

Wichtig ist es auch, Risikofaktoren für die vaskuläre Demenz zu erkennen und entsprechend zu therapieren. Dazu gehören zum Beispiel Bluthochdruck, erhöhte Blutfette, Übergewicht, Rauchen oder Diabetes mellitus. Außerdem kann eine ausgewogene Ernährung mit mediterraner Küche und einem hohen Anteil an Obst, Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchten von Vorteil sein, sowohl körperlich als auch geistig.
Eine weitere Säule in der Prophylaxe stellt die Bewegung dar – eine Erkenntnis, die schon den Römern bekannt war: In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist. Bewegung fördert die Hirndurchblutung, was zur Steigerung der Gedächtnisleistung und der Konzentration führt. Gehen Sie daher viel zu Fuß, benutzen Sie Ihr Fahrrad anstelle des Autos oder gehen Sie regelmäßig schwimmen. Fordern Sie Ihr Gehirn, indem Sie neugierig und interessiert bleiben, aufgeschlossen für Neues. Je mehr Sie Ihr Hirn fordern, desto mehr Nervenzellen werden miteinander verknüpft. Vor allem das Sprechen einer fremden Sprache senkt das Alzheimer-Risiko.

Ein Hinweis zum Schluss:

Beugen Sie der sozialen Isolation vor, denn Alleinlebende haben ein deutlich höheres Risiko, an Alzheimer zu erkranken, als Menschen, die in einer Partnerschaft oder Familie leben. Wer isoliert lebt, verzichtet auf Anregung und Gedankenaustausch, die das Gehirn fordern und aktivieren. Im Alter schrumpft der Bekanntenkreis häufig durch Auszug der Kinder oder Tod von Freunden. Werden Sie aktiv und erweitern Sie Ihren Bekanntenkreis. In Ihrer Volkshochschule, Kirchengemeinde oder anderen Einrichtungen werden die unterschiedlichsten Veranstaltungen für Senioren angeboten.

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