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Akutgeriatrie mit Frührehabilitation

im Klinikum Hildburghausen

In der Geriatrie arbeiten wir stets zielorientiert. Wir erarbeiten Behandlungsziele – wenn immer möglich im Einvernehmen mit den Patienten und / oder deren Angehörigen.

Wichtig ist, diese Ziele nicht zu allgemein zu formulieren („will wieder nach Hause“, „will wieder laufen können“) sondern gemeinsam zu überlegen, was zum Erreichen dieser Ziele notwendig ist (z.B. „muss eine Geschosstreppe steigen können, um wieder zuhause leben zu können“ oder „muss einen eigenständigen Toilettengang beherrschen, damit der Ehepartner mit der Pflege zurechtkommt“). Je fassbarer diese Ziele sind, desto erfolgreicher gestaltet sich zumeist der individuelle Verlauf. In der bereits erwähnten Teamsitzung werden auch die Behandlungsziele eines jeden Patienten wöchentlich diskutiert und ggf. neu formuliert.

Selbstverständlich fließt eine ordentliche Hilfsmittelplanung, Hilfsmittelversorgung und -einübung in diese Überlegungen mit ein. Zusätzlich zu den bekannten Berufsgruppen sind jetzt vor Allem die Angehörigen und die näheren Bezugspersonen gefragt. Hier schließt sich der Kreis unserer Ausführungen: Wenn wir eine sachgerechte geriatrische Versorgung für unsere Bevölkerung anbieten, dann müssen wir das heimatnah tun, denn wir brauchen hierzu die Angehörigen oder ggf. den ambulanten Pflegedienst genauso wie die weiterbehandelnden (Haus-)Ärzte, zu denen wir einen möglichst engen kollegialen Kontakt unterhalten. 

Ziel der Behandlung

Die Geriatrie versteht sich bereits seit mehreren Jahrzehnten als der Zweig der Medizin, der sich nicht nur den betagten und hochbetagten Menschen widmet sondern auch deren Erkrankungen, die häufig mit dem Menschen gealtert sind.

Ältere, sogenannte „multimorbide“ Menschen kommen mit ihren Einschränkungen häufig noch eine lange Zeit gut zurecht und können ihren Alltag mit mehr oder weniger Hilfe meistern. Werden sie jedoch zusätzlich durch akute Krankheitszustände, Unfälle oder notwendige Operationen in eine Situation gebracht, in der sie verstärkt Hilfe benötigen, dann ist besonderer Sachverstand und ein qualifizierter Austausch aller beteiligten Mitarbeiter erforderlich, um den erhöhten Hilfsbedarf abzuwenden, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden oder zumindest hinauszuzögern und den Patienten nicht zu gefährden.

In der modernen Medizin der neuesten Zeit wird den Ärzten und Therapeuten immer weniger Entscheidungsspielraum überlassen. Wir kennen zahlreiche Leitlinien, die für Patienten und ihre professionellen Helfer eine scheinbare Therapiesicherheit bieten. Dies ist im Hinblick auf die immer zahlreicher werdenden Menschen, die an verschiedensten Krankheiten leiden und hierfür zahlreiche Medikamente einnehmen müssen jedoch nicht immer der Fall. Außerdem müssen im Alter nachlassende Organfunktionen wie die des Magen-Darm-Trakts, der Leber und der Niere mit bedacht werden. Die mit bestem Gewissen und stets gut gemeint eingesetzte Medikamente oder Maßnahmen können in ungünstigen Zusammenstellungen auch durchaus schädigen. Was gegen das eine Gebrechen gut ist, muss nicht automatisch auch gegen das andere helfen. Nicht alles was medizinisch machbar ist hilft dem Einzelnen auch zwingend. Und – nicht jeder Mensch wünscht alle Maßnahmen, die medizinisch durchführbar sind, sondern bevorzugt eine individuelle Entscheidung, an der er teilhaben kann. Sich auf das Notwendigste zu beschränken ist hier oft die höhere medizinische Kunst und zumeist gehört mehr Mut dazu, ein Medikament wegzulassen als eines zu geben. Noch schwieriger werden Einzelfallentscheidungen, wenn der ältere Mensch an einer Demenz erkrankt ist. Noch mehr als der einwilligungsfähige Patient ist er dann auf einen Fürsprecher angewiesen. Erheblich weitreichender und gewichtiger sind medizinische Entscheidungen, wenn ein Angehöriger sie nicht für sich selbst sondern für einen betreuten Patienten treffen muss.

Wichtig ist: Behandelt werden bei uns prinzipiell keine Erkrankungen, sondern Menschen mit ihren ganz persönlichen Einschränkungen, die sich allenfalls zum Teil durch die eigentlichen „Haupt- und Nebendiagnosen“ begründen. 

Geriatrische Frühreha als Therapie

Die Geriatrie betreibt als wichtigsten Aspekt einen rehabilitativen Therapieansatz, der sich im Begriff der „Geriatrischen Frührehabilitation“ wiederfindet. Anders als im konventionellen Rehaverfahren, bei dem der Krankheitsverlauf erst abgewartet und der Patient erst nach einer gewissen Phase der Genesung und nach Antragstellung und Zustimmung der Krankenkasse einer Rehabilitation zugeführt wird, beginnen wir unsere therapeutischen Ansätze bereits so früh wie möglich.

Sowohl bei akuten Erkrankungen wie z.B. Herzinfarkt, Schlaganfall oder Lungenentzündung als auch nach operativen Eingriffen machen wir immer wieder aufs Neue die Erfahrung, dass gerade die älteren Patienten von einer frühzeitigen Mobilisation profitieren und eben nicht von der vielzitierten Bettruhe und Schonung. Dieses Konzept ist zwischenzeitlich durch zahlreiche Studien untermauert. Im speziellen Sinne bedeutet Frührehabilitation, dass unsere Patienten zunächst ein umfangreiches Testprogramm durchlaufen, das sogenannte „Geriatrische Assessment“. Ein interdisziplinäres Team hinterfragt die individuellen Defizite der Patienten und trägt alle Informationen zusammen, so dass alle Teammitglieder gleichermaßen informiert sind um sich danach um die Bedürfnisse jedes Einzelnen zu kümmern. Und auch im weiteren Verlauf ebbt der Informationsfluss nicht ab. Wöchentlich finden Teamsitzungen statt, in denen sich alle Mitarbeiter über unsere Patienten informieren und in denen sie ihre Informationen weiter geben können.

Wenn eine Frührehamaßnahme erforderlich ist, nehmen wir uns einvernehmlich mit den Krankenkassen etwa zwei Wochen Zeit, im Einzelfall, wenn die Patienten es benötigen und davon profitieren auch länger. Auch wenn verschiedene Strukturen und Tätigkeiten wie zum Beispiel die Prozesse innerhalb einer Frührehabilitation in Geriatrie-Abteilungen zum Qualitätsstandard geworden sind, bleibt eine wichtige Kenntnis: Eine Standardversorgung kann in einer geriatrischen Einrichtung nicht funktionieren. Jeder Patient muss individuell nach seinen Defiziten, aber auch nach seinen vorhandenen persönlichen Ressourcen behandelt werden und die Behandlung zielt immer auf den größtmöglichen Erhalt der Lebensqualität und der Selbstständigkeit unserer Patienten ab. Leider können wir diese Maßnahme nicht allen Patienten anbieten. In welcher Situation eine Frührehabilitation indiziert ist, muss im Einzelfall von den behandelnden geriatrisch tätigen Ärzten entschieden werden.


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